Christian-Geissler-Gesellschaft e.V.

Jahresgabe 2023 – Anfrage: Reaktionen auf die Originalausgabe

Die Reaktionen auf die Neuausgabe von Christian Geisslers Debüt »Anfrage« (1960) in diesem Frühjahr sind erstaunlich. Besucher:innen von Lesungen, Teilnehmer:innen von Podiumsdiskussionen, aber auch der Rezensent der taz zeigen sich völlig überrascht von der Wucht und der Aktualität dieses Textes und wundern sich, warum sie diesen Roman erst jetzt kennengelernt haben: Warum gehört dieser Roman nicht längst zum Kanon?

»Anfrage« gehe weit darüber hinaus, was angesichts der Verbrechen des Nationalsozialismus als Vergessen und Verdrängung thematisiert wurde. Klaus Köhler, dem Protagonist des Romans, gehe es, so Gutmair, auch um »die ›Schuld der bequemen Ratlosigkeit‹, die ›Schuld der Nachlässigkeit im Denken‹, die ›Schuld der Unaufmerksamkeit aus Angst‹. Schuld tragen demnach auch diejenigen, die bloß innerlich Distanz gehalten haben zum Naziregime: ›Privatbaden ist Luxus, sobald die Beschmutzung öffentlich ist.‹«, heißt es im Roman. Von einer solchen Haltung können sich heute noch viele eine Scheibe abschneiden, die über Antisemitismus, Rassismus und rechtsradikale Tendenzen lediglich die Nase rümpfen.

Geissler wollte aggressiv und unbequem sein, er wollte etwas bewirken. Wie sehr er den Nerv seiner Zeit getroffen hat, zeigen die Rezensionen des Romans, die wir hier auszugsweise dokumentieren. Sie schwanken zwischen überschwänglicher Zustimmung und krasser Ablehnung. Ablehnenden Haltungen gehen oft  nicht so weit, die in »Anfrage« enthaltene Anklage für gegenstandslos zu erklären. Sie suchen das große Aber und / oder werten das Buch in seiner literarischen Qualität ab. Darüber hinaus erhielt der Autor zahlreiche Leser:innen-Post. Aus diesen Briefen und Antworten haben wir eine Auswahl getroffen, die wir ungekürzt drucken.

Wenn einer eiskalte Gedanken aufschreibt, dann heisst das nicht, dass er nicht weinen möchte. Aber er weint nicht, weil das schon die anderen tun, und der Boden infolge davon schon so sumpfig ist, dass es richtiger zu sein scheint, ein bisschen Frost in den Boden zu schicken, damit man vielleicht dann noch ein Stückchen vorwärts drauf kommt. (Christian Geissler)

Eine ganz besondere Reaktion auf Geisslers Roman kam von dem Künstler und Friedensaktivisten Carlo Schellemann. Er widmete Geissler eine Radierung, in der er vor dem Hintergrund eines der wohl bekanntesten Fotodokumente des deutschen Vernichtungskriegs das fragende Gesicht eines zornigen jungen Mannes zeigt. Hioer sehen Sie die Vorlage: Foto aus dem 2. Weltkrieg: Soldat erschießt Mutter mit Kind

Wir haben von dieser Ausgbe reichlich drucken lassen. teressent:innen können die Broschüre  gerne bei der Christian-Geissler-Gesellschaft bestellen. Eine Mail an info@christian-geissler-gesellschaft.de mit der Postadresse genügt. Im Gegenzug bitten wir um eine Spende, um die Herstellung und den Versand finanzieren zu können:
Kto IBAN DE15 5206 0410 0006 4449 97.

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