Zeugen der Zeit: Richard Scheringer im Gespräch mit Christian Geissler
NDR 1980, Erstsendung 5.9.1980
Die Berührungspunkte zwischen national-militaristischer „Befreiung“ und sozialistisch-internationalistischer Befreiung zwischen den Weltkriegen steht im Zentrum von Geisslers Interesse. Geissler will wissen, wie nach der Niederlage in WK I die Hoffnungen eines großen Teils des Volkes wieder auf das Militär gerichtet werden konnten.
Geissler trifft Scheringer auf seinem Hof in Kösching. Das Gespräch wird nach Erscheinen von dessen Autobiografie „Das große Los“ geführt. Scheringer hat nach der Niederlage in WK I und den Versailler Verträgen seine ganze Hoffnung auf die nationale Befreiung auf ein Kampfbündnis von Schwarzer Reichswehr, Reichswehr und NSDAP gesetzt. Die Kommunisten waren ihm zu internationalistisch, das widersprach seiner Intention, deshalb ging er zum Stahlhelm, knüpfte Kontakte zur NSDAP, um Chancen für einen bewaffneten Befreiungskampf auszuloten, zusammen mit seinen Kameraden Hanns Ludin und Wendt. Verhaftung wegen Hochverrat, Festungshaft, Trennung von Ludin. Scheringer wird in der Haft von Kommunisten (u.a. Kurella) umgedreht. Scheringer beschreibt den Weg zu der Erkenntnis, dass der Kampf gegen die „Zinsknechtschaft“ mit Hitler nicht geführt werden kann, dass Hitler auf der anderen Seite steht und das sozialistische im Namen nur Fassade ist, dass die Befreiung national unmöglich, sondern nur im internationalen Kontext erreichbar ist.